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Area: drsl » Kategorie: Rezensionen

zur Veranschaulichung des physikalischen biomechanischen Hintergrunds stell Dir einen Schlusssprung vor. Vermutlich hat das jeder zumindest mal in der Schule gemacht, also nimm an, du stehst auf einem Gehweg mit geschlossenen Beinen und willst möglichst weit springen. Was dabei passiert ist folgendes:
Du gehst leicht in die Hocke, dann machst du eine Kippbewegung nach vorne (Fallen) und drückst dich gleichzeitig kräftig mit den Beinen ab bis sie gestreckt sind und fliegst ein Stück.
Dr. Romanov, der Erfinder der Pose-Methode, geht bei diesem Sprung davon aus, dass die Horizontalbeschleunigung aus der Kippbewegung kommt und die Streckbewegung der Beine nur zur vertikalen Beschleunigung beiträgt. Das heißt der kräftige Abdruck trägt nur zur Flughöhe bei aber nicht zur Vorwärtsgeschwindigkeit.
Beim Sprung macht ein kräftiger Abdruck Sinn, denn je höher du fliegst, desto länger bist du in der Luft und erreichst bei gleicher Geschwindigkeit eine längere Distanz.
Für eine höhere Geschwindigkeit ist es erforderlich weiter nach vorne zu kippen, dabei gibt es eine physikalische Grenze, jenseits der das Kippen nicht mehr kontrollierbar ist. Techniktraining kann hier helfen sich möglichst weit an diese Grenze heran zutrauen.

Beim Laufen gibt es einen Unterschied zum Schlusssprung. Du willst nicht möglichst weit fliegen sondern schnell vorwärts kommen. Ein kräftiger Abdruck macht daher keinen Sinn. Beim Laufen wird nur die Kippbewegung bei jedem Schritt wiederholt, zunächst etwas verstärkt um auf die gewünschte Geschwindigkeit zu kommen, dann nur noch soweit es erforderlich ist, um die Geschwindigkeit zu halten. Das ganze am Liebsten mit wenig Anstrengung.
Die Pose Lauftechnik versteht Laufen also so, dass es darauf ankommt den Körper immer wieder in die richtige Position (Pose) zu bringen, um diese Kippbewegung effektiv zu wiederholen. Der Flug zwischen zwei Bodenkontakten muss also nur so lange dauern, dass diese Position mit dem anderen Bein wiederhergestellt werden kann. Dies geschieht, indem der Standfuß am Ende des Kippens vom Boden gelöst wird, während der andere entspannt unter dem Körper zum Boden fällt und der Läufer darauf landet. Mehr Anstrengung ist nicht nötig.
Um ein Gefühl dafür zu bekommen, kann man sich entspanntes flaches Seilspringen mit leicht gebeugten Knien vorstellen. Am besten mal ausprobieren. Dieses flache Hüpfen ist so entspannt, dass ein Springseil gerade noch unter den Füßen durch passen würde. Man kann es auch ohne Seil machen, damit man von der Koordination des Seils nicht abgelenkt wird. Wenn du dabei auf das Gefühl in den Füßen achtest, bekommst du auch eine Vorstellung davon, wie sich der Bodenkontakt beim Laufen eigentlich anfühlen sollte.
Geschwindigkeit und Laufrichtung wird dann nur noch über die Verlagerung des Körpergewichts gesteuert.

Am Rande bemerkt: Manche Läufer glaube, wenn der Fuß vor dem Körper landet und eine Abrollbewegung macht, könnte man sich am Fuß nach vorne ziehen. Das stimmt nicht. Solange sich der Fuß vor dem Körperschwerpunkt befindet, bremst er nur, schließlich ist es ja auch genau das, was du zum Bremsen auch tust. Es lässt sich auch gut ausprobieren, indem du dich mit dem Rücken gegen eine glatte Wand oder Tür lehnst, Füße eine Fußlänge Abstand, und dann versuchst dich nach vorne zu ziehen.

Pose Methode
Die Pose Methode wurde Mitte der 70er Jahre von Dr. Nicholas Romanov entwickelt. Nach Erlangung seines Doktortitels arbeitete er als Dozent an einer Sportfakultät und hatte die Aufgabe Techniken der Leichtathletik zu vermitteln. Dafür stand ihm nur begrenzt Zeit zur Verfügung. Vor allem beim Diskuswerfen hatte er die Erfahrung gemacht, dass es kaum möglich ist, so eine Technik in der verfügbaren Zeit zu unterrichten. Daraufhin entwickelte er eine Methode um den Bewegungsablauf leichter erlernbar zu machen. Sie lehnt sich methodisch an den Balletunterricht und das Karatetraining an, bei dem verschiedene zentrale Positionen (Posen) eines Bewegungsablaufs geübt und dann miteinander verbunden werden. Auf diese Weise konnte er das Unterrichten des Diskuswerfens verbessern. Er entwickelte daraus später eine generelle Methode, die auch für andere Sportarten anwendbar ist und setzt sie ein, um die Lauftechnik zu schulen.

Pose
Beim Laufen Laufen gibt es nur eine zentrale Pose. Sie ähnelt dem Einbeinstand und ist Ausgangspunkt für das nach vorne Kippen (Fallen), aus dem die Horizontalbeschleunigung resultiert. Wesentliche Punkte sind, dass Ballen, Hüfte und Schultern sich in diesem Moment auf einer Linie befinden (nicht in der Hüfte einknicken) und die Knie leicht gebeugt sind, um ein Federn zu ermöglichen.
Romanov kritisiert, die übliche Vorstellung vom Laufen sei, dass ein Bein nach vorne gestreckt wird, um Boden gut zu machen. Hier sieht er das Problem, dass der Körper aus der Balance gerät. Außerdem erfolgt so der Fußaufsatz in einer Weise, die den Körper stark abbremst und zu einer starken Belastung führt.

Fall
Es fällt nicht der ganze Körper gerade nach vorne, wie ein Stock. Der Oberkörper bleibt aufrecht und es fällt sozusagen der Ort des Schwerpunkts nach vorne. Das Fallen erfolgt also mit den Beinen. Das Ganze dauert nur einen Sekundenbruchteil, denn wie oben beschrieben dauert der Bodenkontakt nicht länger als beim Seilspringen. Beim langsamen Laufen ist dies minimal (wenige Grad), im Langstreckenlauf etwa 5°, beim Sprint kann die Achse Bodenkontakt Schwerpunkt maximal 22,5° nach vorne gelehnt werden, dies wird von Elitesprintern auch fast erreicht (bisher max. 20,1°). Das heißt natürlich nicht, dass der gesamte Winkel zurückgelegt wird, sondern ein Sprinter landet bereits mit dem Schwerpunkt weiter vorne.

Pull
Dies wird im deutschen Buch mit Ziehen übersetzt. Es bezeichnet das Loslösen des Fußes vom Boden initiiert durch einen Impuls der Hamstrings und ist Voraussetzung, um erneut die Laufpose einzunehmen. Das Ziehen (Pull) wird nur als minimal intensiv wahrgenommen, es ist nicht erforderlich den Fuß bewußt nah am Gesäß vorbeizuführen. Dies erfolgt automatisch (Gravitation, Trägheit, Muskelelastizität, Bodenreaktionskraft) bei hohen Geschwindigkeiten und wäre bei langsamem Laufen übertrieben und stört den Bewegungsablauf.
Das Ziehen soll unmittelbar nach Auftreffen des Fußes auf dem Boden geschehen, ohne dass ein Abrollen über die Zehen erfolgt. Erkennbar wird dieses frühe "Anfersen" bei einer Videoaufnahme daran, dass das Bein nicht vollständig gestreckt wird, und möglichst keine Plantarflexion des Fußes stattfindet.

Ziel der Pose-Methode ist es, die Eigenwahrnehmung zu schulen, damit der Läufer lernt die richtige Position des Körpers zu steuern:
Wo befindet sich der Körper im Verhältnis zur Stützfläche (Neigung)
Ist er aufrecht (Hüfte gestreckt)
Wird der hintere Fuß unmittelbar unter die Hüfte gezogen, wenn der Druck auf die Fußsohle nachlässt (Timing, Richtung und Intensität des Ziehens).

George Dallam USA Triathlon Team Coach im POSE-Video:
Das Laufen auf diese Weise ist ermüdungsärmer und entspannter. Das bedeutet zum einen, dass größere Umfänge trainiert werden können und ist zum anderen Voraussetzung für effektives Laufen. Diese Entspannung in der Muskulatur wird normalerweise erst durch jahrelanges Laufen erlernt. Mit der POSE-Methode wird dieser Lernprozeß stark beschleunigt.


Auch sportmedizinisch eröffnet die Pose-Methode neue Perspektiven. Die meisten Laufbeschwerden sind auf eine falsche Technik zurückzuführen. Die Pose-Methode bietet hier eine Grundlage, um diese Fehler zu identifizieren und zu korrigieren. Viele, auch hartnäckige, Laufbeschwerden lassen sich durch eine entsprechende Korrektur der Technik gut beseitigen.

Wer ist Dr. Romanov
Dr. Romanov studierte in Moskau Sportwissenschaften und Training. Nach Erlangung seines Doktortitels arbeitete er als Trainer und hielt Vorlesungen u.a. in Sportbiomechanik. Mitte der 70er Jahre entwickelte er seine POSE-Methode, welche in diversen Sportarten die Leistung steigerte.
1993 siedelte er über nach Miami, gründete dort sein eigenes Kursprogramm und trainierte Triathleten und Läufer sowohl der Elite, als auch Altersklassen- und Freizeitsportler. Seine Methode wird durch verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen gestützt.

Materialien
Ich gibt sowohl Video als auch Buch. Das Video ist bisher nur in englischer Sprache erhältlich. Meines Erachtens eignet sich das Video besser zur Erlernung der Technik. Das Buch beschreibt das Modell ausführlicher und enthält weitere Übungen, insbesondere zum Dehnen:
Romanov, Dr. Nicholas: Pose Method of Running, 2002.
Beides kann in Deutschland z.B. über Buchhandlung Beidek bezogen werden.
Inzwischen gibt es eine deutsche Übersetzung:
Romanov, Dr. Nicholas: Laufen mit der POSE Methode, 2007.
Deutlich überarbeitet wurde das Thema im Triathlonbuch zuletzt veröffentlicht:
Romanov, Dr. Nicholas: POSE Method of Triathlon Techniques, 2008.

Kurs
Am 6.11.2005 habe ich an einem 4h-Grundkurs (Miniclinic) unter der Anleitung von Claudia Rivera-Beristain (Level3-Coach) und Dr. Frank Weinert (Sportmediziner und Level1-Coach) mit insgesamt 10 Teilnehmern in Müllheim teilgenommen.
So ein Kurs reicht natürlich nicht um die Technik vollständig umzustellen. Er hilft die Übungen des Videos besser zu verstehen und Fragen können direkt geklärt werden. Der Kurs bringt die eigene Technik der Pose-Technik deutlich näher und vermittelt so einen sehr guten Eindruck, wieviel entspannter/leichtfüßiger man mit einer Technikumstellung laufen kann. Viele waren überrascht, wie schnell sie plötzlich sein können. Der Kurs motiviert auch weiterhin an der Technik zu arbeiten.

weitere Informationen
www.posetech.com
www.laufverletzungen.de
www.mnsworld.de/index.php?page=pose


erstellt 03.10.2005 21:33 von flachlandläufer
zuletzt 09.12.2009 16:40 von flachlandläufer | Historie | Versionen
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